Derzeit dreht sich alles um den Corona-Virus. Unser Leben hat sich verändert, ist langsamer geworden und stiller. Gestern bezeichnete der ORF die Situation als "die große Leere". Wie es uns damit geht, hängt damit zusammen, wie wir diese Leere deuten und nutzen.
Retreat statt Quarantäne
Ist es nicht erstaunlich, wie fundamental sich unser Alltag in kurzer Zeit verändern kann? Bis vor wenigen Tagen habe ich das noch nicht für möglich gehalten. Trotz der Gefahr und der Bedrohung durch die neue Krankheit schöpfe ich auch Hoffnung, dass der unfreiwillige "Retreat" einen Anstoß gibt für weitere dringend notwendige Maßnahmen wie etwa gegen die Klimakatastrophe, das Artensterben, den Konsumismus und die kapitalistische Krise.
Kreatives Nichtstun
Diese Zeit kann einen Bewusstseinswandel fördern, der uns zu einer anderen Lebensweise führt. Freunde von mir freuen sich: "Auf einmal haben wir Zeit und dürfen faul sein, das tut sehr gut". Wie viele Menschen haben sich nach Entschleunigung gesehnt, danach, endlich entspannen zu können, leiser zu treten, kreatives Tun zu entfalten, ihrer Müdigkeit und Überanstrengung nachgeben zu dürfen? Jetzt ist eine große Gelegenheit da, zu sich zu kommen und darüber nachzusinnen, wie und womit man sein Leben verbringt, was wirklich wichtig ist, was gebraucht wird und was nicht.
Tod und neue Fülle
Auch Tod und Sterben - nicht in Übersee, sondern in unserer Nachbarschaft - sind gegenwärtiger und können eine neue Wertschätzung dem Leben gegenüber wachrufen. Bei meinem heutigen Spaziergang nahm ich die Frühlingsblumen, die bunt blühenden Sträucher und die erwartungsvoll prallen Knospen der Bäume umso dankbarer wahr. Die Natur strebt gerade in neue Fülle, die Säfte steigen, Neues entfaltet sich und gedeiht. Dies mit offenem Herzen wahrzunehmen, ist wie ein heilsames Gegenmittel gegen die Ängste und Konflikte, die durch die Einschränkungen und das ungewohnte "Herunterfahren" aufkommen.
Fürsorge für uns, die Mitmenschen und den Planeten
Trotz oder gerade wegen dem verordneten "Social distancing" können wir uns jetzt vermehrt um unsere eigenen Bedürfnisse kümmern (oder diese überhaupt erst entdecken) und auf unsere Lieben schauen. Wir können unser Immunsystem mit gesundem Essen, Waldbaden, viel Ruhe, Naturkontakt, Lachen und allem, was uns sonst noch gut tut, stärken. Das unfreiwillige Resilienztraining schafft eine wertvolle Basis für anstehende Veränderungen im eigenen Leben und hoffentlich auch in unserem überholten, destruktiven System.
Wir alle können in unserem Lebensumfeld, in der Arbeit oder bei der Kommunikation mit Menschen darauf hinwirken, dass sie diese Seite der Krise sehen und sie nicht nur als eine Belastung, sondern auch als eine Chance begreifen.
Comments